Typo, Typen, Temperamente!
Starten wir heute – mit Verlaub – passend zu unserem 27. Grünen Salon sehr themengerecht und typologisch: Mehr als 50 Typen waren online, als wir kommunikativ den Imperativ ausriefen: Show Me Your Typeface!
Das Englische ist übrigens sehr angebracht, denn die Teilnehmer*innen kamen aus Hamburg und Seekirchen, aus Graz und Wien, aus Bangkok und Emsdetten. Großspurige würden sagen: 50 Teilnehmer:innen aus aller Welt 😉
Show Me Your Typeface!
Hinter diesem Thema verbarg und verbirgt sich nicht weniger als die intensive Betrachtung von Schriften, Logos und Gestaltungslinien, die in unserem Projekt »Brand Type Characters« analysiert und verortet werden. 3 Jahre lang haben wir mit Thomas Börgel* und seinem tollen Team massenweise Indizien für eine perfekte Markenpassung identifiziert. Alles auf Basis des Markencodes – intensiv, bisweilen hart diskutierend, dann wieder locker leicht durch die Markenwelt flanierend, um aussagekräftige Resümees zu bekommen. Klar ist heute schon: Wir sind noch nicht am Ziel, es gibt noch ein paar Etappen. Dazu später mehr.
Denn aller Anfang ist unser Ziel: die fundierte markentypische Schriftanwendungen. Schriften und Gestaltungsformen haben ja eine charaktertypische Ausstrahlung – sie prägen damit das Bild bzw. das Image der Marke. Demnach müss(t)en bestimmte Schrifttypen doch besonders gut zu bestimmten Menschen, Zielgruppen und Marken passen, und andere eben weniger.
Ist das so? Wo liegen die Abweichungen, wo die Unschärfen, wo die Grauzonen? Welche Marke macht was wie? Und was ist wichtiger für die Schriftwahl: Kategorie oder Charakter?
Es geht nicht um richtig, sondern um Richtung.
Das ist die Regel No. 1, wenn wir Marken im Markencode verorten und in diesem aktuellen Fall die Wirkung von Schriften und Ausprägungen auf Menschen und Zielgruppen sichtbar machen. Wir wollen Klarheit schaffen in der Beziehung zueinander und Entscheidungen ermöglichen für Strategie, Schriftwahl und Positionierung.
Warum ist uns das Thema eigentlich so wichtig?
Weil wir in den ersten Minuten eines jeden Markencodeprozesses die Frage stellen: Was darf sich nicht ändern? Und weil wir dann zu fast 100 % die Antwort bekommen: Das Logo und die Schrift! Dabei ist es eines unserer Urbedürfnisse, Archetyp-relevante Begründungen für Formen und Schriften zu geben. Zudem beantwortet die eingehende Analyse der Schrift viele Form- und Gestaltungsfragen, sie steht für Inhalte, Ausprägungen, Einstellungen und Wahrnehmungen.
Jede Schrift hat Geschichte
Der Blick in die Schrift-Historien ist wie eine Initialzündung zu sehen. Denn hier lernen wir kennen, wie Schriften entstehen, sich entwickeln und in diesem Prozess auch Charakterzüge annehmen. Betrachten wir nur die Serifen-Geschichte von der Römischen Capitals bis zur Times, eröffnet sich ein jahrtausendealtes Spektrum. Quasi ein Wegbereiter für die Einschätzung der Typografie. Im Fadenkreuz des Markencodes definieren wir hier vor allem drei Ausprägungen: Funktionsserife, Strukturserife und Designserife.
Grundsätzlich können wir damit folgende Themen festmachen: Ästhetik und Vertrautheit, gestärkt durch die weicheren und runden Formen.
Jede Schrift hat Indizien
Rücken wir z. B. der Futura Light etwas näher, definieren wir deutlich ausgeprägte Spitzen, Ecken und Kanten. Wir erkennen das Konstruierte, das Exakte, notieren eine strenge Einhaltung und bewusste Linienführung.
In der intensiven Arbeit im Projekt »Brand Type Characters« haben wir diese Indizien verortet in der Welt der Innovation, Entdeckungsfreude, Zielstrebigkeit und des Mutes. Das heißt, dass Futura eben sehr gut passt für Unternehmen, Marken und Menschen, die in diesen Bereichen agieren.
Wichtiger als die Branche: die Haltung!
Generell haben wir manifestiert, dass eine Haltung, eine Ausprägung, ein Charakterzug und dergleichen deutlich mehr ins Gewicht fällt als die Branche oder der entsprechende Markt. Am Beispiel dreier Universitäten zeigt sich, dass alle sehr wohl ein Zeichen, einen Stempel, ein geschichtenträchtiges Symbol in ihrem Logoauftritt tragen, aber schon bei den Schriften machen sich Unterschiede breit: Kleinbuchstaben mit Serifen, feine Groteskschriften mit Versalien, bold Gesetztes in Gemeinen.
Am Beispiel der Universität für angewandte Kunst Wien zeigt sich die Haltung sehr schön. Hier, wo es um Kreativität, Freiheit, Freigeist und grenzenlose Entwicklung geht, wirkt im Logo eine verspielte Typowelt – mit Anlehnungen an Lautschrift, verfremdete Großbuchstaben auf der x-Linie und zweifarbiger Gestaltung. Es lebe die Vielfalt. Es lebe auch das Resümee nach dieser ersten Etappe.
Archetyp = Schrift = Eindeutig = Quatsch
Thomas Börgel schließt mit dieser knackigen und für ihn herrlich typischen Formel, die wir gemeinsam nach 3 Jahren »Forschung« festschreiben können. Bei den »Brand Type Characters« sind die Werte entscheidend, für die ein Unternehmen steht, die Haltungen und das Image. Es wird also keine eindeutige »Tabelle« geben, mit der man auf Basis Multiple Choice ankreuzen und abhaken kann, welche Typo wo passt.
Aber es wird einen Empfehlungsalgorithmus geben, wenn wir an die Gestaltung gehen. Entscheidend bleibt das Gespür der Designer.
Allerdings werden die Brand Type Characters das gegenseitige Verständnis steigern und die Lösungen auf den Punkt erklärbar machen.
Ganz im Sinne Ihrer Marke.
Die Vortragenden:
* Thomas Börgel ist Gründer der Marken- & Strategieberatung brandhelfer in der Nähe von Münster und Entwickler des Brandpreneurship®, Brandinspirement®, des Markencodes und des archetypischen Profiling.
Günther Matern ist Gestalter, Kalligraph und seit über 15 Jahren Lehrbeauftragter an der Kunstuni Linz für Designtheorie und Designgeschichte.
Katja Jegorow-Matern begann ihre berufliche Tätigkeit als Textildesignerin und Dekorateurin. Sie ist Geschäftsführerin des Matern Creativbüro, Kundenbetreuerin und Strategieberaterin mit Markencode.
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